Rund um das E-Auto-Laden – Teil 4: High Power Charger

Was Sie über das Laden von Elektroautos wissen müssen, erklärt unsere Serie „Rund um das E-Auto-Laden“. Im vierten und letzten Teil erklären wir, wie ein High Power Charger funktioniert.

Volle Kraft voraus: Mit diesen Lösungen laden Sie besonders schnell

Mit einer Spitzenleistung von bis zu 350 Kilowatt stellen High Power Charger (kurz: HPC) derzeit die Spitze bei den Ladestationen dar. An den Autobahnen in Deutschland und Europa werden sie vermehrt installiert, teilweise gibt es sie sogar schon in manchen Innenstädten.

Eines der größten HPC-Netzwerke betreibt das Konsortium Ionity. Hinter Ionity stecken unter anderem die Autohersteller Audi, BMW, Ford, Hyundai, Mercedes-Benz, Porsche und Volkswagen. Das Konsortium soll in den nächsten Jahren ein flächendeckendes Netz an HPCs errichten, um europaweites Reisen mit dem Elektroauto zu ermöglichen. Das Vorbild dafür sind die Tesla Supercharger.

Ein Audi-Fahrzeug lädt an einem HPC Charger.
Ein Audi-Fahrzeug lädt an einem HPC Charger.

Im Gegensatz zu Tesla steht das Ionity-Netzwerk allen Autofahrern und nicht nur den beteiligten Marken zur Verfügung. Allerdings gewähren viele Hersteller ihren Kunden Vorteilstarife für das Laden an den HPCs des Ladenetzwerks. Im Gegensatz zu manch anderem Betreiber von HPC-Infrastruktur, baut Ionity ausschließlich Ladesäulen mit CCS-Stecker auf. Fahrer von E-Autos mit CHAdeMO-Anschluss gehen leer aus. Da der CCS-Standard in Europa CHAdeMO ganz klar den Rang abgelaufen hat und die beteiligten Hersteller allesamt in Europa auf CCS setzen, ist die Fokussierung diesen Ladestandard durchaus nachvollziehbar.

High Power Charger an der Autobahn ermöglichen rasches Aufladen
High Power Charger an der Autobahn ermöglichen rasches Aufladen

So ist eine HPC-Ladestation aufgebaut

Die meisten HPC-Ladeparks sind mit mehreren Ladesäulen ausgerüstet. Diese dienen als Schnittstelle zwischen Fahrzeug, Ladepunkt und auch als Nutzerinterface zum Abrechnen und Freischalten des Ladevorgangs. Etwas abseits, untergebracht in separaten Schaltschränken, stehen jeweils für jeden Ladepunkt ein DC-Steller und ein Gleichrichter. Diese sind mit dem Netztrafo verbunden, über den der gesamte Standort mit Strom versorgt wird. In einigen wenigen Ladeparks mit geringer, zur Verfügung stehender Anschlussleistung können zusätzlich Pufferbatterien installiert sein.

Der Netztrafo ist an das Mittelspanungsnetz angeschlossen und verringert die Netzspannung (10 bis 30 kV, also 10.000 bis 30.000 Volt) auf die Niederspannung (400 V bis 1 kV bzw. 1.000 Volt). Bei den Ladeparks von Ionity steht jedem Ladepunkt ein separater Gleichrichter zur Verfügung, der den Wechsel- bzw. Drehstrom des Niederspannungsnetzes in einen Gleichstrom umwandelt, also gleichrichtet. Mit dem Gleichstrom können die Batterien der Elektroautos geladen werden. Die Bordladegeräte der Elektrofahrzeuge werden dabei umgangen. Allerdings steigt die Spannung der Elektroauto-Batterie während des Ladevorgangs an. Damit das Spannungsniveau des Gleichrichters zu dem der Batterie passt, wird zusätzlich ein DC-Steller benötigt, der diesen Spannungsabgleich durchführt.

Bei HPC-Ladestationen, an denen sich zwei Ladepunkte an einer Ladesäule befinden, wird mitunter die Leistung des Gleichrichters auf beide Ladepunkte aufgeteilt, weshalb dann nicht mehr jedem der beiden Ladepunkte die volle Ladeleistung bereitgestellt werden kann.

So ähnlich hat es auch Tesla gelöst, zumindest bei den älteren Superchargern der Generation V1 und V2. Auch hier teilen sich zwei Ladepunkte einen Gleichrichter, weshalb die Leistung beim Laden zweier nebeneinander parkender Fahrzeuge aufgeteilt wird. Aus diesem Grund kann man regelmäßig beobachten, dass Tesla-Fahrer immer eine Parklücke Abstand zum nächsten ladenden Fahrzeug am Supercharger lassen.

Zusatzbaustein: die Pufferbatterie

Ausschlaggebend für die maximale Anzahl der HPC-Ladepunkte in einem Ladepark ist die Anschlussleistung des Netztrafos. In manchen Gegenden können hier nicht die erforderlichen Leistungen bereitgestellt werden oder ein Ausbau wäre unverhältnismäßig teuer. Auch bei kleineren oder wenig frequentierten Standorten macht es wenig Sinn, einen leistungsstarken und kostenintensiven Netzanschluss aufzubauen.

In diesem Fall können Pufferbatterien die Netzbelastung deutlich reduzieren. Und das funktioniert so: Die Pufferbatterie wird in der Zeit aufgeladen, in der kein Elektrofahrzeug an einem HPC lädt. Da sich auch die Pufferbatterie wie eine Elektroauto-Batterie verhält, muss sie auch mit gleichgerichtetem Strom versorgt werden. Für diesen Aufladevorgang wird allerdings eine bei Weitem geringere Ladeleistung benötigt als für den Ladevorgang des Elektroautos, das ja möglichst schnell wieder weiterfahren soll. Entsprechend kleiner kann der Netzanschluss dimensioniert werden.

Kommt nun ein Elektroauto vorbei, wird die Energie zum Aufladen des Elektrofahrzeugs der Pufferbatterie entnommen. Die Pufferbatterie muss natürlich um einiges größer sein als die des Elektroautos, damit sie die notwendige Leistung und Energie, idealerweise für mehrere Ladevorgänge hintereinander, bereitstellen kann.

Bei viel frequentierten Ladestandorten ist diese Lösung natürlich ungeeignet, denn es muss immer genug Zeit bleiben, dass die Pufferbatterie zwischendurch aufgeladen werden kann. Wird im Gegenzug die Pufferbatterie sehr groß ausgelegt, wird sie teuer und irgendwann ist es dann wiederum günstiger, den Netzanschluss ausbauen. Es kommt also immer auf den Standort an.

Was uns das Typenschild verrät

Schauen wir uns die Technik der HPCs noch einmal etwas genauer an. Einige Informationen über die Leistungsfähigkeit eines HPCs lassen sich vom Typenschild ablesen. Das Foto zeigt ein solches Typenschild des HPC-Ladesystems „Veefil PK“ des australischen Herstellers Tritium, das von Ionity an vielen Standorten eingesetzt wird. Genauer handelt es sich um die Angaben zum DC-Steller, also der Komponente, die beim Ladevorgang unmittelbar mit der Elektroauto-Batterie interagiert.

Das Typenschild verrät einiges über die Leistung einer Ladestation.
Das Typenschild verrät einiges über die Leistung einer Ladestation.

Der DC-Steller wird vom Gleichrichter mit einer Spannung von 950 Volt und einem maximalen Strom von 380 Ampere versorgt. Gemäß dieser Angaben kann der Gleichrichter also höchsten 361 Kilowatt Ladeleistung dem DC-Steller zur Verfügung stellen. Der DC-Steller arbeitet zwar mit einem sehr hohen Wirkungsgrad, aber dennoch treten bei der Anpassung des Spannungsniveaus (Eingang: 950 Volt, Ausgang: 200 bis 920 Volt) auch Verluste auf. So kann ein Elektroauto effektiv mit maximal 350 kW geladen werden.

Die meisten Elektroautos haben eine Spannung von rund 400 Volt. Wie bereits erwähnt, ändert sich die Spannung abhängig vom Ladezustand der Batterie. Je höher der Ladezustand, desto höher ist auch die Batteriespannung. Die Tritium-Ladestation kann daher alle E-Autos, deren Spannungsbereich zwischen 200 und 950 Volt liegt, versorgen. Das trifft auf so ziemlich alle Elektro-Pkw zu. Auch Fahrzeuge mit 800-Volt-Bordnetz (wie der Porsche Taycan) liegen innerhalb dieses Spannungsbereichs.

Für die effektive Ladeleistung ist allerdings der Ladestrom von hoher Bedeutung. Wie das Typenschild erkennen lässt, kann der DC-Steller maximal 500 Ampere bereitstellen. Das ist der Strom, mit dem auch die Elektroauto-Batterie geladen wird. Doch dieser maximale Strom kann nicht bei allen Spannungsniveaus erreicht werden. Denn die Leistung ist das Produkt aus Strom und Spannung und die Leistungsgrenze der Station liegt bei den genannten 350 kW.

Das Kennfeld eines HPC

Um die einzelnen Grenzen genauer nachvollziehen zu können, lohnt sich ein Blick auf das Leistungskennfeld. Ein solches Kennfeld setzt sich aus zwei Achsen zusammen: Auf der x-Achse wird der Strom aufgetragen, auf der y-Achse die Spannung. Das Produkt aus x- und y-Wert ist die Leistung, in diesem Fall die Ladeleistung.

Das Kennfeld eines HPC-Laders vom typ Tritium Veefil PK
Das Kennfeld eines HPC-Laders vom Typ Tritium Veefil PK

Die untere und obere Spannungsgrenze sind hier durch die gelbe bzw. orangene Linie dargestellt. Die Stromgrenze ist die vertikale rote Linie bei 500 Ampere. Wie man hier sieht, geht diese Linie nicht über die Spannung von 700 Volt hinaus. Denn hier greift die (blau dargestellte) Leistungsbegrenzung von 350 kW (700 Volt x 500 Ampere = 350.000 Watt = 350 kW). An dieser hangelt sich der theoretisch maximale Ladestrom dann entlang, bis er an die obere Spannungsgrenze stößt.

Ein Fahrzeug mit 400-Volt-Bordnetz, wie es die meisten Elektroautos haben, kann mit maximal 500 Ampere laden (das trifft zum Beispiel auf das Tesla Model 3 zu). Die Ladeleistung ergibt sich aus dem Produkt aus Batteriestrom (= Ladestrom) und der Batteriespannung. Die Batteriespannung ist zu Beginn den Ladevorgang noch relativ niedrig und liegt vielleicht bei 350 Volt. Die Ladeleistung beträgt in diesem Moment 175 kW (350 Volt x 500 Ampere = 175 kW). Mit steigendem Ladezustand steigt die Batteriespannung, die irgendwann 400 Volt betragen wird. Dann liegt die Ladeleistung bei 200 kW (400 Volt x 500 Ampere = 200 kW). Die Ladeleistung ist während des Ladevorgangs also angestiegen. Dennoch liegt sie deutlich unter den 350 kW, die maximal an der Ladestation möglich wären. Da nicht mehr als 500 Ampere Ladestrom zur Verfügung gestellt werden können, ist dies ungefähr die Leistungsgrenze eines Elektrofahrzeugs mit 400-Volt-Bordnetz.

Via Display informiert der High Power Charger über den Ladevorgang.
Via Display informiert der High Power Charger über den Ladevorgang.

Für noch höhere Ladeleistungen muss daher die Bordnetzspannung des Elektrofahrzeugs höher ausfallen, zum Beispiel bei rund 800 Volt liegen. Zwar können bei Spannungen ab 700 Volt nicht mehr die vollen 500 Ampere bereitgestellt werden, dennoch sind beispielsweise bei 800 Volt immer noch über 430 Ampere möglich. Die effektive Ladeleistung läge dann bei genau 350 kW. Bei einem niedrigeren Ladezustand, zum Beispiel bei 700 Volt, könnte der Strom sogar noch bis zu 500 Ampere betragen und das Produkt, also die Ladeleistung, wären wieder 350 kW.

Zusammenfassung

Ein High Power Charger ist mehr als nur eine Ladesäule. Im Hintergrund versorgt teure und komplexe Technik die Ladestationen mit den maximal 350 kW, mit denen Elektroautos theoretisch aufgeladen werden können. Theoretisch. Denn bislang gibt es (noch) kein Elektroauto, das solche hohen Ladeleistungen verträgt. Der Porsche Taycan markiert derzeit mit 270 kW Spitzenladeleistung das Maximum. Doch das könnte sich bald ändern, denn immer mehr Hersteller entwickeln Elektroautos, die mit 800 Volt geladen werden können, darunter Kia und Hyundai (mit der Submarke Ioniq) oder auch Mercedes-Benz mit dem EQS, aber auch GM mit ihrer Ultium-Plattform.

Marcus Zacher
Marcus Zacher arbeitete über 10 Jahre in der der Batterieentwicklung, zunächst bei der Daimler AG, anschließend bei der Porsche AG. Seit 2016 betreibt er den Elektromobilitäts-Blog Generation Strom. Heute ist Marcus Zacher als Chefredakteur für das E-Mobility-Magazin Elektroautomobil tätig und berät sowohl Unternehmen als auch Privatkunden bei Fragen zur Elektromobilität.